Tag des offenen Denkmals 2020

Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu entdecken ... in diesem Jahr digital!

Stralsund feiert in diesem Jahr ein denkwürdiges Ereignis: „650 Jahre Stralsunder Frieden“. Das im Jahr 1370 in Stralsund verabschiedete Friedensabkommen zwischen der Hanse und dem Königreich Dänemark markiert den Höhepunkt der Macht dieses nordeuropäischen Handels- und Städtebündnisses.

Der Tag des offenen Denkmals widmet sich daher auswählten baulichen Zeugnissen der kriegerischen Stadtgeschichte.

Fünf weitgehend unbekannte und wenig beachtete Denkmale und Denkmaldetails präsentieren wir Ihnen als verborgene Schätze digital. So können sie ganz individuell von jedermann aufgesucht werden.

Zu diesen ausgewählten Präsentationen gehören zum Beispiel der im 17. Jahrhundert angelegte Befestigungsgürtel mit Bastionen um die Altstadt herum, die Kasematten der Preußenzeit auf der Insel Dänholm oder die Kanonenkugeln aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.

Wir wünschen viel Freude beim Entdecken!

Hier beginnt unsere Denkmaltour!

Begleiten Sie uns gerne virtuell und/oder begehen Sie Ihren eigenen Tag des offenen Denkmals, denn alle Schauplätze sind frei zugänglich. Wir zeigen Ihnen den Weg.

Video

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Die verborgenen Schätze entdecken!

Die Wallanlagen

Der sich wandelnde landschaftliche Reiz, der von Stralsunds äußerem Erscheinungsbild von jeher ausgeht, offenbart sich dem heutigen Besucher nach wie vor in einzigartiger Weise. Die Stadt verdankt ihn allerdings nicht nur der bevorzugten Lage am Wasser, sondern im besonderen Maße auch ihrer in Jahrhunderten gewachsenen, den Landschaftsraum meisterhaft ausnutzenden Gartenkultur.

Die mit dem Ausbau der Verteidigungsanlagen bereits im 13. Jahrhundert durch Ausgrabungen aus Sümpfen künstlich geschaffenen Stadtteiche und der die Stralsunder Altstadt umschließende Promenadenring markieren noch heute in eindrucksvoller Klarheit die mittelalterliche Grenze zwischen der eng bebauten Stadt und der freien Landschaft. Dieser stadtbildprägende Grünzug lässt sich auf die gärtnerische Gestaltung der Festungswerke nach Plänen des königlich-preußischen Hofgartendirektors Ferdinand Jühlke (1815-1893) am Ende des 19. Jahrhunderts zurückführen.

Karte Stralsund


Im Zusammenklang mit der städtebaulichen Umgebung der Altstadt besitzt Stralsund mit seinen Wallanlagen ein bedeutendes Zeugnis der Festungsbau- und Gartenkunst, das nach Aufnahme der Altstädte von Wismar und Stralsund im Jahr 2002 in die Welterbeliste der UNESCO nunmehr auch zum Weltkulturerbe gerechnet werden darf.                                         

Nach Abschluss der 20jährigen aufwändigen Sanierungsarbeiten präsentiert sich die Westseite der Wallanlagen seit 2017 als erlebbarer historischer Gartenraum und vielschichtiges Kulturzeugnis in einer Authentizität von europäischem Rang.

Altstadt Luftbild Bauamt Fielitz

Die Kanonenkugeln oder: Die "gespickte" Kirchenwand

 

Heilgeistkirche (2)

Aufmerksamen Betrachtern werden die zahlreichen Kanonenkugeln aufgefallen sein, die an der Südwand des Kirchenschiffs der Heilgeistkirche scheinbar feststecken. 

Sie verweisen auf die heftigen und blutigen Kämpfe, die hier wenige Meter weiter südlich im Zuge der Belagerung Stralsunds durch die kaiserliche Armee der Generäle Arnim und Wallenstein im späten Frühjahr des Jahres 1628 stattfanden.

Sie sind natürlich nicht stecken geblieben, sondern wurden nach den Kampfhandlungen am Ort ihres Auftreffens eingemauert. Südwand Heilgeist Detail


Damit sollen sie Zeugnis dafür sein, dass das Gebäude dem feindlichen Beschuss standhielt, zugleich aber auch Mahnung zu verhindern, dass zukünftig erneut Geschützkugeln diese Wand mit einem sicher viel verheerenderen Ergebnis treffen könnten.

Kanonenkugel


Unter den Kugeln befindet sich auch eine sogenannte Stabkugel mit zwei stangenartigen Zusätzen, die vorrangig im Seekampf zur Zerstörung der feindlichen Takelage gedacht war. Auch im direkten Beschuss der in dichten Reihen aufgestellten Heere kamen sie gelegentlich zum Einsatz und hatten laut Augenzeugenberichten eine mörderische Wirkung. Die ca. 50 Geschützkugeln sind aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und auch von nachfolgenden Belagerungen, u.a. durch den Großen Kurfürsten im Jahr 1678. Weitere Kugeln finden sich im Chorbereich der Jakobikirche, in der Stadtmauer am sogenannten „Schwarten Gang“ und in der Mühlenstraße 22.

Südwand Heilgeistkirche

Literatur: Bodo Bernatzki: Kanonenkugeln als Sachzeugen der Stralsunder Stadtgeschichte, in: Stralsunder Hefte für Geschichte, Kultur und Alltag 2009.

Die Brigg "Hoffnung": Eine rätselhafte Jahreszahl

Wer das Innere der kleinen Heilgeistkirche an der Wasserstraße betritt und sich umschaut, entdeckt an einem der nördlichen Kirchenschiffpfeiler die große, in schwarz gemalte Jahreszahl „1813“.  Sie verweist auf ein katastrophales Ereignis, das sich in jenem Jahr am 21. Oktober zu Nachmittagszeit ereignete.

Heilgeist 1813


Die britische Brigg „Bridlington“ lag mit einer Ladung von mehreren Hundert Zentnern Schwarzpulver auf Reede im Strelasund. Die Brigg war eines von vielen britischen Schiffen, die im Sommer und Frühherbst des Jahres 1813  Stralsund neben dem Hafen von Kolberg anliefen, um hier Munition und militärische Ausrüstung für die preußischen, schwedischen und russischen Armeen in ihrem Kampf gegen die napoleonischen Truppen anzuliefern. Diese Armeen hatten in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober des gleichen Jahres einen entscheidenden Sieg über den französischen Kaiser und seine Verbündeten errungen. Durch das unbeobachtete Herdfeuer in der Kombüse war auf der „Bridlington“ ein unkontrollierbarer Brand ausgebrochen, der die siebenköpfige Besatzung zum Verlassen der Brigg zwang. Die benachbarten Schiffe waren noch gewarnt worden und konnten sich in Sicherheit bringen, als das Schiff mit seiner Pulverladung explodierte. Die Druckwelle richtete an zahlreichen Gebäuden in Stralsund und Altefähr zum Teil massive Schäden an Mauerwerk, Dächern, Decken, Fenstern und Türen an. Auch die dicht am Hafen liegende Heilgeistkirche war betroffen. Die Kosten für die Schäden mussten trotz Ersuchens an den Rat die Betroffenen selbst aufbringen. Die Jahreszahl in der Heilgeistkirche ist demzufolge auch als Mahnung an die nachfolgenden Generationen zu verstehen.

800px-Brigg_Hoffnung_(1845)

Literatur: Bodo Bernatzki: 1813. Eine fast vergessene Schiffskatastrophe auf der Reede vor Stralsund, in: Stralsunder Hefte für Geschichte, Kultur und Alltag 2014.

Die Kasematten vom Dänholm

Neben den beiden Hauptgebäuden (ehemalige Kasernen), dem Verwaltungsgebäude und den vielen militärischen Ausstellungsobjekten im Innern der Sternschanze auf der Insel Dänholm fallen dem Besucher eine eigenartige Mauer mit Türen und Fenstern im nördlichen Wall der Schanze auf.

Kasematte auf dem Dänholm


Sie sind Teil der Kasematten. Kasematten sind meist in der Erde oder in einem Festungswall errichtete Schutzbauten, die in Festungsanlagen einerseits die militärische Mannschaft sowie die Munition und Pulvervorräte vor feindlichem Artilleriebeschuss sichern sollten und zum anderen mittels eines gemauerten Ganges, der sogenannten Poterne, zu Gewehr- und Geschützstellungen führen können.

Poterne Hauptkasematte Dänholm


Die Hauptkasematte in der Sternschanze diente beiden Aufgaben. Weitere Kasematten befinden sich unter den ehemaligen Geschützstellungen in den Wällen auf dem Kleinen Dänholm. Sie sind in einem guten Zustand und dienen als geschütztes Fledermausquartier. Errichtet wurden die gemauerten Kasematten in der Preußenzeit nach 1815. In verschiedenen Ausbaustufen entstanden sie zwischen den späten 1840er Jahren, um 1855 sowie um bzw. kurz nach 1867. Die Kasematte in der Sternschanze soll im Zuge notwendiger Sanierungsarbeiten zukünftig als Teil des hier befindlichen Marinemuseums der Hansestadt Stralsund für Besucher zu besichtigen sein.

Plan Dänholm Preußen

Literatur: https://fortifica.hypotheses.org/1641 

Von der Landwehr zum Festungsgraben

Stralsund besaß im Spätmittelalter nicht nur die uns heute noch bekannten Stadtmauer mit ihren Toren und Wiekhäusern, die vorgelagerten Stadtteiche und nicht mehr existenten Zingelbauten zu seinem Schutz, sondern auch eine das weitere Stadtgebiet umfassende Landwehr.

Plan mit Landwehr um 1660


Diese bestand aus Graben, Wall, Dornenhecke und besonderen torartigen Durchlässen an den Landwegen. Die auf den historischen Karten eindrucksvollste Landwehr war die in der Frankenvorstadt. Sie behielt ihre Funktion als Teil der unter den Schweden nach 1648 ausgebauten Festung bei, während die übrigen Landwehren im Westen und Norden mehr oder weniger von der Erdoberfläche verschwanden. Frankenretranchement in den 1750er Jahren mit Lage des Grabenrests


Die Schweden bauten dieses auch „Frankenretranchement“ (Umwallung) genannte Wall-Graben Hindernis weiter aus, in dem es um Geschützstellungen und bastionsartige Vorsprünge verstärkt wurde. Letztmalig kam dieses Verteidigungsbauwerk während der Belagerung durch die napoleonischen Truppen im Jahr 1807 zur Anwendung. 

Friedhof

Der Alte Frankenfriedhof lag unmittelbar hinter dieser Umwallung, während der Neue Frankenfriedhof nach der Schwedenzeit vor dieser angelegt wurde. Zwischen Neuem Frankenfriedhof und dem Katholischen Friedhof, der 1912 auf den ehemaligen Wällen am Hühnerberg gegründet wurde, ist diese ehemalige militärische Verteidigungsanlage noch als flache Senke vor der Nordwestecke des Frankenfriedhofs der einstige Wallgraben gut erkennbar. Er ist eines der letzten oberirdischen Zeugnisse.

Literatur: Gunnar Möller: Zingel, Störtenwall und Renneboom – Die einstige Stralsunder Landwehr, in: Archäologische Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern Band 24, 2017. 

Impressionen zum digitalen Tag des offenen Denkmals 2020

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